Corona-FAQs

 

  Die Pandemie bringt uns auch rechtlich in eine historisch einmalige Situation. Die Anfragen der Mandanten gerade im Arbeitsrecht, aber auch in anderen Rechtsgebieten häufen sich. Es herrscht allgemeine Unklarheit, zumal die bestehende Rechtsordnung viele Problemstellungen nicht kennt und daher noch nicht beantwortet hat. Die Situation ist im Fluss, die Politik hat die Dringlichkeit erkannt und handelt. Nahezu täglich erreichen uns Ankündigungen über Gesetzesänderungen. 


(Zusatz 22.03.2018: Achtung, die Bundesregierung hat diverse, teilweise drastische Maßnahmen angekündigt, so dass einige der unten aufgeführten Hinweise möglicherweise überholt sind. Bitte aktuelle Meldungen beachten!)

 

Für Arbeitnehmer:

 

Ich muss zu Hause die Kinder betreuen, weil Schule, Kindergarten und Großeltern wegfallen. Bekomme ich die Zeit bezahlt? Oder kann der Chef kündigen?

 

Sofern keine anderweitige Betreuungsmöglichkeit besteht, ist Ihre Arbeitsleistung unmöglich, § 275 BGB. Sie dürfen also zu Hause bleiben. Wichtig ist, dass Sie den Chef sofort und umfassend informieren. Die Frage ist allerdings umstritten, die jetzige Situation historisch einmalig, Rechtsprechung gibt es nicht.

Es handelt sich um eine vorübergehende Arbeitsverhinderung gemäß § 616 BGB. Sie haben Anspruch auf Vergütung, allerdings nur für ein bis zwei, höchstens fünf Tage (ebenfalls umstritten). Vorsicht: im Arbeitsvertrag kann stehen, dass § 616 BGB nicht gilt.

Danach müssten Sie bezahlten oder unbezahlten Urlaub nehmen. Der Bundesarbeitsminister hat nach einem Spitzengespräch am vergangenen Mittwoch, den 18.03.2020 angekündigt, hier möglichst schnell eine Gesetzesänderung herbeizuführen und für Lohnfortzahlung zu sorgen. Dies bleibt abzuwarten.

 

Mein Betrieb ist nicht geschlossen, ich habe aber Angst, mich anzustecken. Darf ich zu Hause bleiben?

 

Nein! Ob die Arbeitssicherheit gefährdet ist oder nicht, entscheidet der Arbeitgeber. Sofern Sie Hygienevorschriften verletzt sehen, können Sie sich an die zuständigen Behörden wenden oder auch dem Arbeitnehmer eine Abmahnung erteilen (auch ein Arbeitnehmer kann abmahnen). Bloße, allgemeine Sorge vor Ansteckung genügt nicht!

 

Bus und Bahn fahren nicht, ich komme nicht zur Arbeit. Bekomme ich die Zeit bezahlt?

 

Nein. Der Arbeitgeber trägt das Risiko, dass der Betrieb läuft (Betriebsrisiko). Der Arbeitnehmer trägt das Risiko, dass er pünktlich zur Arbeit erscheint (Wegerisiko). Fährt der Bus wegen der Pandemie nicht und kommen Sie einmalig zu spät, ist das zwar kein Verstoß gegen den Arbeitsvertrag, sodass Sie keine Abmahnung bekommen dürfen. Die Zeit bekommen Sie aber nicht bezahlt.

 

 

Für Betriebe

 

Mein Betrieb ist wegen Corona geschlossen bzw. kann nur noch eingeschränkt arbeiten. Ich kann meine Mitarbeiter nicht beschäftigen. Muss ich sie dennoch bezahlen?

 

Ja. Der Arbeitgeber trägt das Risiko, dass ein Betrieb ausgelastet ist (Betriebsrisiko). Sie können Ihre Mitarbeiter zwar nach Hause schicken, sollten dies wegen der Ansteckungsgefahr auch tun, müssen sie aber weiterhin bezahlen.

Das wichtigste Mittel, die Personalkosten zu reduzieren und damit die Existenz des Betriebes zu retten, dürfte in den nächsten Monaten die Kurzarbeit sein. Der Gesetzgeber hat die Voraussetzungen bereits erleichtert. Alle Informationen, wie Sie Kurzarbeit anzeigen oder beantragen, finden Sie auf den Seiten der Bundesagentur für Arbeit bzw. unter

 https://www.arbeitsagentur.de/news/corona-virus-informationen-fuer-unternehmen-zum-kurzarbeitergeld

 

Kann ich als Arbeitgeber Kurzarbeit einseitig anordnen?


Nicht ohne weiteres. Hat der Betrieb einen Betriebsrat, können Sie mit ihm eine Betriebsvereinbarung abschließen. Die Arbeitnehmer sind dann daran gebunden.

Eine einseitige Anordnung von Kurzarbeit ist auch möglich, wenn der Arbeitsvertrag dies vorsieht.

Ansonsten müssen Sie die Zustimmung aller betroffenen Mitarbeiter einholen. Angesichts der Tatsache, dass die Existenz des Betriebes infrage steht, dürften die Zustimmungen erfolgen. Weigern sich einzelne Arbeitnehmer, bleibt nur eine Änderungskündigung.

 

Ich habe keinen Umsatz, muss ich für mein Gewerbeobjekt trotzdem Miete zahlen?

 

Ja. Eine Vorschrift, wonach im Katastrophen- oder Seuchenfall die Mietzahlung entfällt, gibt es in Deutschland nicht (anders in Österreich). Sofern die Liquidität gefährdet ist, empfiehlt es sich, mit dem Vermieter zu verhandeln und eine Stundung zu vereinbaren. Vorsicht: zwei Mieten Rückstand oder ein erheblicher Rückstand bei zwei aufeinanderfolgenden Monaten rechtfertigt stets die fristlose Kündigung. Eine Stundung lassen Sie sich daher besser schriftlich oder in Textform bestätigen.

 

Ich habe keinen Umsatz mehr, sodass die Liquidität gefährdet ist. Welche Zahlungen kann ich strecken?

 

Die Nichtzahlung von Sozialversicherungsbeiträgen ist strafbar. Eine Stundung müssen Sie also mit der Sozialversicherung vereinbaren.

Dasselbe gilt für Steuern, wobei die Politik bereits angekündigt hat, hier großzügige Regelungen zu finden. Mit dem Argument „Stundung wegen Corona“ dürften entsprechende Vereinbarungen mit den Finanzbehörden ausnahmsweise möglich sein.

Lieferanten sind nicht verpflichtet, Rechnungen zu stunden oder Zahlungsfristen zu verlängern. Auch hier müssen Sie verhandeln.

Immerhin wurde angekündigt, die Frist für Insolvenzanträge zu verlängern. Normalerweise müssen Sie, wenn Sie mangels Umsatz Ihre Zahlungsverpflichtungen nicht mehr erfüllen können, innerhalb von drei Wochen Insolvenzantrag stellen. Eine Verzögerung kann strafbar sein, erst recht bei einer GmbH. Es ist geplant, diese Frist deutlich zu verlängern. Bitte beachten Sie die aktuellen Hinweise.

Schließlich hat die Politik nach allen Ankündigungen das Problem gerade kleiner und mittlerer Unternehmen erkannt und verspricht schnelle Hilfe in Form direkter Zahlungen. Dies wäre neu, bislang gab es immer nur vergünstigte Kredite über die KfW, die das Problem nicht lösen, sondern nur verlagern. Bitte beobachten Sie die aktuellen Entwicklungen.

 

Meine Kunden zahlen nicht, ich muss klagen. Funktionieren die Gerichte noch?

 

Eher nicht. Mündliche Verhandlungen im Zivilrecht finden derzeit flächendeckend nicht statt, die Geschäftsstellen sind auf Notbetrieb eingestellt, ebenso die Gerichtsvollzieher. Ob die Mahngerichte noch funktionieren, bleibt in den nächsten Wochen abzuwarten.

Allerdings ist es sinnvoll, jetzt die erforderlichen Schritte einzuleiten, damit dann, wenn die Gerichtsbarkeit wieder funktioniert und beginnt, die Sachen aufzuarbeiten, Ihre Angelegenheit dann sofort bearbeitet wird. Unser Büro ist jedenfalls besetzt und arbeitet auch in der Krise.

 

Für Verbraucher

 

Eine Versorgungskrise droht offensichtlich nicht. Die leeren Regale in den Supermärkten beruhen auf unerwarteten (und sinnlosen) Hamsterkäufen. Die Regale werden täglich aufgefüllt.

 

Ich habe eine Reise gebucht, kann ich sie stornieren?

 

Kommt darauf an. Für Pauschalreisen gilt: Das Außenministerium hat glücklicherweise Klarheit geschaffen und kurzerhand eine Reisewarnung für die gesamte Welt herausgegeben. Eine Reise ins Ausland wäre derzeit tatsächlich unverantwortlich. Die Reisewarnung des AA ist Voraussetzung dafür, dass ein Reisender die Reise stornieren und den Reisepreis zurückverlangen kann. Diese Frage ist also beantwortet.

Sofern Sie für einen späteren Zeitpunkt gebucht haben, zum Beispiel zweite Jahreshälfte, muss abgewartet werden. Im Moment ist noch völlig offen, ob wir die Pandemie in den nächsten zwei Monaten in den Griff bekommen oder ob sie noch bis zum Jahresende anhält.

Etwas anderes gilt bei Individualreisen. Für die Hotelbuchung gilt in der Regel das Recht des Gastlandes, sodass eine Stornierung mit dem Hotel abgesprochen werden muss oder die Buchungsbedingungen geprüft werden müssen. Die Tatsache, dass Sie ein Hotel im Ausland gebucht haben, jedoch die Anreise nicht gelingt, fällt in der Regel nicht dem Hotelier zur Last.

 

Die Kinder werden nicht betreut, muss ich trotzdem die teuren Kita-Gebühren zahlen?


Kommt drauf an. In der Regel gibt es einen Vertrag, der individuell geprüft werden muss. Die Verpflichtung des Kindergartens, die Kinder zu betreuen, ist jedenfalls unmöglich geworden, § 275 BGB.
Viele Städte und Gemeinden haben bereits angekündigt, den Eltern die Gebühren nach Ende der Schließungen zu erstatten. Hier gilt es abzuwarten.
Bedenken Sie auch, dass viele Träger von Kindergärten gemeinnützig sind. Diesen Vereinigungen ist es gesetzlich verboten, Rückstellungen zu bilden, sodass sie nun in der Krise ohne Reserven dastehen. Gerade im sozialen und gemeinnützigen Bereich drohen Insolvenzen, hier ist Augenmaß gefragt. Wir empfehlen zunächst abzuwarten.